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Kleiner Madron

Kleiner Madron

Hier eine deutsche Sage.

Auch in alten Zeiten endete der Bergwald am Hohen Madron dicht unterhalb des kuppelförmigen Gipfels. Auf der freien Wiese dort oben hielten unsere Vorfahren ihre Versammlungen ab, wenn der Gaugraf die Edlen seines Stammes zu Beratungen zusammenrief, oder wenn Gerichtstag gehalten wurde. Auf dieser freien Bergwiese hoch über den Niederungen fühlten sich die Menschen aber auch ihren Göttern besonders nahe, sodass sie mit ihren Priestern auf dem "Maderan", was soviel heißt wie "Berg der Gemeinschaft", auch ihre Gottesdienste und religiösen Feste feierten.

Als dann die vom Papst in Rom ausgesandten fünf, sechs Mönche ins Inntal kamen, um die Bergbauern zum Christentum zu bekehren, wollten die neuen Christen auch eine Kirche haben. Auf den heiligen Berg der Ahnen, den Großen Madron, sollte sie kommen. Also fällten Bauern und Knechte am Berg Bäume und Zimmerleute begannen, die Stämme für den Kirchenbau zu bebauen. Einer der Männer schlug sich mit der Axt versehentlich in die Hand, sodass sein Blut die abgefallenen Späne rot färbte. Die Arbeit aber ging trotzdem weiter. Jedoch schon am anderen Morgen hackte sich ein Holzknecht tief in den Fuß und wieder floss Blut auf die Holzspäne. Und so passierten immer wieder schlimme Unfälle. "Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen!", sagten sich schließlich die Arbeit gewohnten Männer. Sie unterbrachen ihre mühsame Arbeit auf dem Berg. Kaum hatte das Lärmen des Holzhackens aufgehört, kamen ein paar Bergfalken ohne Scheu angeflogen. Jeder nahm einen von den blutigen Spänen mit seinem Schnabel auf und schwirrte damit ab. Die erstaunten Leute guckten ihnen nach. Zum Kleinen Madron hinüber, dem niedrigeren Nachbarberg, brachten die Vögel die blutigen Späne, legten sie dort nieder und kamen zurück, um ihr Tun zu wiederholen. Jetzt erkannten die Kirchenbauer, dass Gott sein Haus nicht auf dem alten Heidenberg haben wollte. Sie packten ihr Werkzeug zusammen, gingen hinüber auf den Kleinen Madron, der heute Petersberg heißt, und begannen dort ihr Werk von neuem. Ohne jeden Unfall konnten sie es jetzt zu Ende bringen. Ihr Kirchlein, zu dem früher auch noch ein kleines Kloster gehörte, grüßt heute noch mit seinem behäbigen Sattelturm herab ins Inntal.

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