
Es war eine finstere, mondlose Nacht, als Sarah sich durch den dichten Nebel auf den Weg in das abgelegene Bergdorf machte. Die Bäume ächzten im Wind, und das Knarren der Äste vermischte sich mit dem Heulen des Sturms. Sie hatte von einem Puppenmacher namens Magnus gehört, dessen begabte Hände angeblich lebensechte Puppen formten. Die Dorfbewohner flüsterten sich Schauergeschichten über den Puppenmeister zu, aber Sarah, eine nüchterne und skeptische Frau, schenkte diesen Anekdoten keinen Glauben. Für sie waren das nur Geschichten, die in den Schatten der Dunkelheit entstanden.
Nach einer stundenlangen Reise erreichte Sarah endlich das düstere, verlassene Haus des Puppenmeisters. Die Fenster waren mit schweren Vorhängen verhängt, und das einzige Licht, das nach außen drang, war das gespenstische Flackern von Kerzen. Dennoch wagte sie sich hinein und wurde von einem erstickenden Duft nach verbranntem Holz und altem Leder empfangen.
Im Inneren des düsteren Hauses fand Sarah einen Raum, der von Puppen aller Größen und Formen bevölkert war. Sie waren so perfekt in ihrer Erscheinung, dass sie beinahe lebendig wirkten. Jede einzelne Puppe schien einen eigenartigen Ausdruck in ihren Glasaugen zu tragen, als ob sie die Geheimnisse der Welt wüssten.
Da trat der Puppenmeister, ein düsterer Mann mit einem zerzausten schwarzen Bart und einem stechenden Blick, aus dem Dunkel hervor. Seine Stimme war wie ein leises, unheimliches Flüstern, als er Sarah bat, Platz zu nehmen. „Möchtest du eine meiner Kreationen kaufen?“, fragte er mit einer seltsam melodiösen Stimme.
Sarah, fasziniert von der unnatürlichen Schönheit der Puppen, willigte ein. Ihre Wahl fiel auf eine Puppe, die ihr zum Verwechseln ähnlich sah. Der Puppenmeister lächelte düster und sagte: „Diese Puppe wird dir gehorchen, solange du sie liebst und pflegst.“
Doch was Sarah nicht ahnte, war, dass die Puppe nicht nur ein bloßer Nachahmer ihrer Form war. In den nächsten Nächten begannen seltsame Dinge zu geschehen. Sarah hörte leise Schritte im Dunkeln und spürte unsichtbare Augen, die sie durchdringend beobachteten. Die Puppe schien ein Eigenleben zu entwickeln, ihre Porzellanhände bewegten sich, wenn niemand hinsah, und ihr Lächeln wurde zu einem makabren Grinsen.
In einer schicksalhaften Nacht, als der Sturm das Dorf in Dunkelheit hüllte, vernahm Sarah ein leises, schauriges Flüstern. Die Puppe stand plötzlich vor ihr, die großen Glasaugen leuchteten gespenstisch im Dunkeln. „Warum hast du mich verlassen, Sarah?“, hauchte die Puppe mit einer Stimme, die von jenseits des Lebens zu kommen schien.
Sarah erstarrte vor Entsetzen. „Was bist du?“, wagte sie zu fragen, obwohl sie die Antwort schon ahnte.
Die Puppe verzog ihre makellosen Züge zu einem boshaften Grinsen. „Ich bin mehr als nur eine Puppe. Ich bin ein Überbleibsel aus einer anderen Welt, gefangen in dieser Gestalt. Aber ich kann frei sein, wenn ich deine Identität übernehme.“
Sarah versuchte zu fliehen, doch die Puppe bewegte sich mit einer übernatürlichen Geschwindigkeit. Sie konnte nicht entkommen. Die Puppe lachte hysterisch, als sie Sarah gefangen nahm und begann, ihre Seele zu verschlingen, um ihre eigene Dunkelheit zu nähren.
In den nächsten Tagen verschwand Sarah spurlos. Die Dorfbewohner fanden nur die Puppe im Haus des Puppenmeisters, mit einem grauenvollen Lächeln auf den Lippen. Seitdem erzählt man sich im Dorf die schauerliche Legende von der verfluchten Puppe, die den Puppenmeister überlebte und nun auf der Suche nach neuen Opfern ist, um ihre groteske Sammlung zu erweitern.
Und wenn du dich jemals in den Bergen verirren solltest und auf ein verlassenes Haus stößt, hüte dich vor den Puppen im Dunkeln. Eine von ihnen könnte die verlorene Seele eines Menschen sein, die darauf wartet, deine Identität zu stehlen und dich in die ewige Dunkelheit zu ziehen.