
Das besuchte Schloss
Hier eine deutsche Sage.
Früher wurde der Weideplatz der Schafe jeden Tag gewechselt, sodass sie Nachts draußen blieben, um Zeit zu sparen. Abends wurde die Herde mit Hürden umgeben und der Schäfer hielt in einem Schlafkarren die Nachtwache.
So lag einmal ein Schäferknecht aus Klemzow in seinem Schlafkarren, als sein Hirtenhund plötzlich laut anschlug. Als der Schäfer aus dem Schlafkarren schaute, kam ein großer, starker Mann in einer roten Jacke und mit einem Vollbart auf ihn zu, den fünf schwarze Hunde begleiteten. Der Mann rauchte Pfeife, aber statt Rauch kam Feuer heraus.
Die beiden begrüßten sich und der Schäfer bat den Mann, seine Hunde zurückzurufen, da diese den Hirtenhund angriffen. Die Hunde gehorchten dem Ruf. Der Fremde fragte den Schäfer, ob er ihm einen Gefallen tun wollte und versprach ihm viel Geld als Belohnung. Danach erklärte er dem Schäfer, was er tun sollte, nämlich den Fremden eine Nacht zum König von Engelland (England) begleiten und ihm dort ein Schloss aufschließen. Der Schäfer, der nur Knecht war, hatte aber Angst, dass den Schafen etwas passieren und er dann seinen Job verlieren würde. Der Fremde stellte deshalb seine Hunde zur Verfügung, die zusammen mit dem Hirtenhund die Schafe bewachen sollten. Der Hirtenhund bewachte den Eingang, die anderen Hunde die Ecken der Hürden. Danach verband der Fremde dem Knecht mit einem Taschentuch seine Augen und Ohren und nahm ihn auf dem Rücken, um ihn nach Engelland zu tragen. Nach wenigen Stunden hatten sie ein großes Schloss erreicht. Der Knecht sprang vom Fremden ab und band sich das Tuch ab. Der Fremde gab ihm einen Schlüssel, mit dem er das Schloss aufschloss. Sie traten in einige Zimmer und sahen in einem einen Schrank, dessen Schloss ein metallenes Kreuz enthielt. Der Knecht schob das Kreuz zurück und schloss auf, dann verließ er kurz das Zimmer. Kurz danach rief der Fremde ihn wieder hinein und forderte ihn dazu auf, wieder abzuschließen. Dann verließen sie das Schloss, das der Schäfer ebenfalls abschließen musste. Nun band er sich wieder das Tuch um und sein Begleiter trug ihn auf dem Rücken zurück zur Herde.
Der Fremde bedankte sich vielmals und füllte als Belohnung die Mütze und die Taschen des Schäfers mit Gold. Danach rief er seine Hunde zu sich, befahl dem Schäfer, niemandem von der Sache zu erzählen und verschwand. Alle Schafe waren noch da.
Nun zeigte der Schäfer seinen neuen Reichtum. Er rauchte statt Tabak Zigarren, kaufte sich die feinsten und teuersten Kleider, eine neue Uhr und war von da an bei jedem Fest anwesend. Sein Dienstherr und seine Frau wurden neidisch. Als der Knecht einmal den Schlüssel zum Kasten, in dem er das Gold aufbewahrte, vergessen hatte, öffnete die Frau den Kasten und entdeckte das Gold. Ihr Mann beschloss, die Hälfte davon zu stehlen. Er ging davon aus, dass der Knecht das Gold nicht auf ehrliche Weise verdient hatte und ihn deshalb nicht anzeigen konnte. Beim Diebstahl fiel aber ein Goldstück runter. Als der Knecht nach Hause kam, sah er gleich, dass er bestohlen worden war, wusste aber nicht, was er tun sollte. Eines Abends lag er in seinem Karren und dachte über die Sache nach. Da erschien der Fremde mit seinen Hunden wieder. Er erklärte dem Schäfer, dass sein Brotherr ihn bestohlen hatte und er ihn zur Strafe für seine Tat vom Mittelbalken der Scheune hinuntergestürzt hatte, wobei der Brotherr sich das Bein gebrochen hatte. Außerdem gab er dem Knecht dreimal so viel Geld wie beim ersten Mal und empfahl ihm, sich ein Gut zu kaufen. Dann bedankte der Teufel sich noch mal für die Hilfe bei der Fahrt nach Engelland und verschwand.