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Großostheimer Hexenturm

Großostheimer Hexenturm

Hier eine deutsche Sage.

Zum Bachgau gehörte ehemals das stattliche Dorf Ringenheim, das infolge Krieg und Pest ausstarb und im Laufe der Jahrhunderte vollständig verschwand. In diesem Dorfe hatte ein Mädchen namens Gunda gewohnt. Es war wegen seines freundlichen Wesens bei jedermann geachtet und beliebt. Der Hirte Kuno wollte dieses Mädchen zur Frau nehmen, und schon nächstes Frühjahr sollte die Hochzeit sein. Ja, wenn die neidische Zitta nicht gewesen wäre! Sie wohnte ebenfalls in Ringenheim und hätte den wohlgestalteten Hirten Kuno auch gerne zum Manne gehabt. Sie sann nun darauf, ihre Nachbarin Gunda zu verderben. Die Gelegenheit kam. Eines Tages trug Gunda irdenes Geschirr, das sie auf dem Großostheimer Jahrmarkt gekauft hatte, nach gewohnter Weise auf dem Kopf nach Hause. Wie sie durch Ringenheim ging, rannte Zittas kleiner Bruder die Gasse herzu und stieß aus Mutwillen die Gunda an, so dass ihr Korb vom Kopfe rutschte, herunterfiel und alles Töpfergeschirr in Scherben zersprang. Erschrocken und ärgerlich rief Gunda dem Jungen nach: "Oh, dass du auf dem Blocksberg reiten müsstest!"

Solcher unbedachte Ausruf sollte ihr teuer zu stehen kommen. Es geschah nämlich, dass bald darauf die ganze Gegend von einem schweren Unwetter heimgesucht ward. Besonders im Borntal tobte das Ungewitter. Hier fielen derartig Hagelschloßen, dass die ganze Saat vernichtet wurde. Da sprach Zitta in ihrem Neid zuerst heimlich und dann offen aus, die Gunda wäre eine Wetterhexe und hätte den Schaden mit Hilfe des Teufels verursacht. Sie musste vor Gericht. Sie beteuerte ihre Unschuld; allein der alte Markus bezeugte, er habe das Mädchen öfters im Borngrund und am "Schwarzen Wasser" in Ringenheim gesehen, was Gunda auch zugab. Doch mit des Teufels Künsten hätte sie noch niemals etwas zu tun gehabt. Man steckte sie in die Halsgeige und legte ihr die Daumenschrauben an. Aber Gunda sagte immer wieder: "Ich bin unschuldig."

Als man sie jedoch auf die Streckbank brachte und ihr die Glieder fast aus dem Leibe riss, rief sie in ihren schrecklichen Qualen ja; sie hätte den Hagelschlag verschuldet; man solle sie bloß von der Folter nehmen. Und daraufhin wurde sie zum Feuertod verurteilt. Die Verbrennung fand auf dem Großostheimer Hexenturm statt. Gunda wurde über dem Scheiterhaufen an den Marterpfahl gebunden. Gleich mussten die Flammen emporzüngeln. Da schrie Gunda in ihrer Todesangst, so dass es alle hören konnten, die darum standen: "Bei Gott, ich bin unschuldig, eine Tanne wachse aus der Asche und bezeuge meine Unschuld!"

Und wirklich! Es dauerte nur etliche Jahre, da streckte ein Tannenbäumchen sein grünes Gezweig über die Mauern des Hexenturmes und wuchs zum ragenden Baume als Wahrzeichen verurteilter Unschuld.

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