Baumstumpf
Hier eine deutsche Sage.
Ein Bauer fuhr einmal zur Adventzeit den Weizen zur Schranne nach Vilshofen. Auf dem Heimweg wurde es so dunkel, dass man kaum zwei Schritte weit sehen konnte. In der Angst, vom Wege abzukommen, schrie er um Hilfe. Da erschienen plötzlich zwei Lichtlein, die sich auf den Kummet der Pferde setzten und den Weg beleuchteten. Bei seinem Anwesen angekommen, sagte der Bauer: "Was bin ich euch denn schuldig?" Ein feines Stimmlein antwortete: "Eine Waage voll Vergeltsgott!" "Vergelt's Gott tausendmal!", erwiderte der Bauer, worauf die Lichtlein verschwanden; nur jene Stimme rief noch: "Erlöst!"
Ein Bauer aus der Gegend von Hilgartsberg wurde stets Nachts von einem Lichtlein heimbegleitet und es öffnete ihm von der Hauptstraße weg alle Tore und schloss sie auch wieder. Erst bei seinem Wohnhause verschwand es. Der Bauer fürchtete das Lichtlein und getraute sich nicht, es anzusprechen. Einmal kam das Lichtlein wieder und tat wie früher; das letzte Tor schlug es mit solcher Gewalt zu, dass der Bauer durch den Luftdruck zu Boden geschleudert wurde. Unter Weinen eilte es hierauf dem Walde zu, wo alle Bäume knarrten und ächzten und sich wie im Sturme schüttelten und bogen. Seit dieser Nacht war das Lichtlein nicht wieder zu sehen.
Eines Nachts ging ein Betrunkener von Drachselsried nach Bodenmais. Sein Weg führte durch dichtes Gehölz. In demselben hüpfte ihm ein Baumstumpf entgegen, auf welchem ein Lichtlein saß. "Hupf ma no varo und leucht ma!", lallte der Mann und das Lichtlein hüpfte auf seinem Stock voran über Gräben und Gestein, bis er bei seiner Behausung angelangt war. Hier bedankte er sich, indem er dem Lichtlein "Hunderttausendmal Vergelt's Gott" zurief, worauf es verschwand. Dafür aber stand eine schneeweiße Frau vor dem Nachtwandler, der darüber derart erschrak, dass er bald darauf starb.